Barrierefreier Baumwipfelpfad im Harz zieht Touristen an

Leiterin Eva-Christin Ronkainen-Kolb im Interview

Natur aus einer völlig neuen Perspektive

Am Fuße des Burgbergs, mitten im Kurpark von Bad Harzburg gelegen, startet der rund 1.000 Meter lange Pfad und führt den Gast auf über 20 Metern durch alte Baumkronen. Auf 18 Plattformen finden die Besucher knapp 50 verschiedene Erlebniselemente sowie Ruhestationen vor und erfahren Wissenswertes über Natur, Tier- und Pflanzenwelt.

Frau Ronkainen, Sie haben mit dem ersten niedersächsischen Baumwipfelpfad voll ins Schwarze getroffen. Wie kam es zu dieser Idee?

Die Idee ist in Bad Harzburg entstanden und man muss sagen, dass die Bad Harzburger hier genau die „Zeichen der Zeit“ erkannt haben. Denn genau so ein Angebot hat dem Harz gefehlt: Insgesamt führen 10.000 km Wanderwege durch den Harz- die Mehrzahl davon ist weder mit Kinderwagen noch mit Rollstuhl begehbar. Im Gegensatz dazu ist unser Pfad barrierefrei. Wir glauben, dass er unter anderem deswegen so erfolgreich ist, weil ihn wirklich jeder erleben kann.

Wie sind Sie selbst zu diesem Projekt gekommen?

Ich war vor meiner Tätigkeit für den Baumwipfelpfad drei Jahre Pressesprecherin beim Harzer Tourismusverband, zudem war ich als Biathletin auf dem Skiinternat in Clausthal-Zellerfeld. Ich kann also sagen, dass ich ein echtes „Harzer Kind“ bin und unser tolles Mittelgebirge wie meine Westentasche kenne.

Schon Anfang 2014 habe ich erfahren, dass ein Baumwipfelpfad in Bad Harzburg in Planung ist und fand das Projekt sehr spannend.
Gemeinsam mit meinem jetzigen Mann habe ich mich dann entschlossen, dass wir uns für den Betrieb des Baumwipfelpfades bewerben. Wir genießen jeden Tag, an dem wir für dieses wunderbare Projekt arbeiten dürfen. Vor allem auch, weil wir in so kurzer Betriebszeit schon so viele glückliche Besucher begrüßen durften. 

Was ist eigentlich das Besondere an dem rund 1000 Meter langen Weg durch die Baumkronen?

Die 1.000 Meter Baumwipfelpfad führen durch das Kalte Tal. Das Tal ist besonders, weil es im Prinzip der Ursprungs-Harzwald ist. So hat es hier überall ausgesehen, bevor es den Bergbau gab.

Die Besonderheit ist, dass man die Natur mit Hilfe des Pfades aus einer völlig neuen Perspektive und das vor allem barrierefrei erleben kann. Auf Augenhöhe mit den Baumkronen und den Eichhörnchen zu sein, entschleunigt so ziemlich jeden Besucher, da man der Natur ganz nah sein kann. Zudem haben wir mittlerweile 50 Erlebnisstationen zum Thema Urknall sowie zu den Themen Natur und Kultur unserer tollen Region. Als besonderes Highlight konnten wir im Frühjahr 2016 unseren Glassteg eröffnen, der auf 26 Metern Höhe einen freien Blick nach unten gewährt. Ohne Frage werden hier manche Besucher auf die Probe gestellt.

Warum war Bad Harzburg als Standort hierfür ideal?

Bad Harzburg ist das Einfallstor zum Harz. Es liegt infrastrukturell sehr günstig, da die Stadt sowohl mit dem Auto als auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut erreichbar ist. Der Baumwipfelpfad liegt unmittelbar an der B4, in der Nähe der Tourist-Information, der Sole-Therme und der Burgberg-Seilbahn. Im Anschluss kann man wunderbar entweder weiterwandern, das Kombiticket mit der Seilbahn nutzen oder eine der zahlreichen anderen Harz-Attraktionen besuchen.

Woher kommen die Besucher des Baumwipfelpfades und was mögen sie besonders?

Die Wipfelbesucher sind in der Regel Tagesurlauber und kommen vorrangig aus Orten, von denen man nur eine Stunde Fahrzeit für die Anreise benötigt. Aber natürlich kommen auch immer wieder die Gäste, die länger im Harz bleiben – dazu gehören natürlich auch einige ausländische Gäste. Vor allem Holländer, Dänen und Engländer kommen gerne in den Harz.

Wir bekommen für den Pfad und das Gesamtangebot rund um den Burgberg insgesamt ein sehr positives Feedback – und das von jeder Zielgruppe. Toll finden viele unserer Gäste die Stationen, sie beschäftigen sich mit den Inhalten und nehmen Dinge mit nach Hause, die sie noch nicht wussten oder die vielleicht in Vergessenheit geraten sind. Das schärft dann auch das Bewusstsein für unsere Umwelt.

Das Projekt wird von der Harz Venture GmbH betrieben und wurde mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und der Gemeinschaftsaufgabe (GRW) gefördert. Gab es weitere Partner, deren Unterstützung besonders entscheidend war?

Der Baumwipfelpfad ist ein Paradebeispiel dafür, wie es gelingen kann, ein solches Projekt umzusetzen, wenn zahlreiche und vor allem die unterschiedlichsten Partner an einem Strang ziehen und für die gemeinsame Sache und den gemeinsamen Erfolg einstehen.

Ganz entscheidend war hier vor allem die Zusage des Landes über EU-Mittel in Höhe von zwei Millionen Euro. Ohne diese Finanzierung hätte der Bauherr, die Kur-, Tourismus- und Wirtschaftsbetriebe der Stadt Bad Harzburg GmbH, das Projekt in der Form und in der Kürze der Zeit nicht realisieren können.
Wichtige Partner waren neben dem Land Niedersachsen der Landkreis Goslar, die Stadtverwaltung sowie der Stadtrat Bad Harzburg, die Niedersächsischen Landesforsten, die Naturschutzverbände und viele andere Ideengeber und Sponsoren.

Welche wichtigsten Ratschläge würden Sie anderen Projektentwicklern für die Startphase und Umsetzung ihrer Ideen mitgeben?

Es braucht Visionen, gute Ideen und vor allem Partner, die gemeinsam für eine Sache einstehen und alle nötigen Schritte abarbeiten, um diese Idee weiterzuentwickeln und letztlich in die Tat umzusetzen.

Zudem muss man vor allem mutig sein und sich von Kritikern, Gegnern oder auch rechtlichen Hürden nicht beeinflussen lassen, sondern immer lösungsorientiert und zielgerichtet arbeiten.

In Bad Harzburg stand und steht ein starkes Team rund um KTW-Geschäftsführer Bernd Vollrodt hinter dem Projekt Baumwipfelpfad. Nur so und mit der nötigen Stringenz und Zuversicht konnte diese außergewöhnliche Investition so erfolgreich umgesetzt werden.

Worauf sind Sie besonders stolz ? Und würden Sie selbst rückblickend irgendetwas anders machen?

Ich persönlich bin unheimlich stolz, Teil eines tollen Netzwerks und Teams in Bad Harzburg zu sein. Denn nur gemeinsam mit der KTW und vielen anderen Partnern wie der Forst ist es möglich, dass der Baumwipfelpfad Harz ein so erfolgreiches Projekt ist und nach nur 18 Monaten 400.000 Besucher, anstatt der erhofften 100.000 Besucher pro Jahr, begrüßt werden konnten

Rückblickend würde ich alles wieder genauso machen. Wir sind unheimlich dankbar, dass wir die Vision, die mein Mann und ich bei der Erarbeitung des Konzeptes hatten, nun Stück für Stück umsetzen können und dass wir jeden Tag für dieses tolle Projekt arbeiten dürfen und dabei ständig neue und sehr unterschiedliche Menschen kennenlernen.

Baumwipfelpfad in Bad Harzburg

Logo
  • erster Baumwipfelpfad in Niedersachsen
  • barrierefreies Angebot mitten in der Natur
  • Eröffnung: Mai 2015
  • Besucher: ca. 250.000 pro Jahr
  • Mitarbeiter: 15 Personen

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