

Neue Einblicke in lebende Zellen
Im Gespräch mit Prof. Stefan Hell vom Max Planck Institut für biophysikalische Chemie Göttingen.
Nobelpreis für hochauflösende Mikroskopie
Professor Dr. Dr. h.c. mult. Stefan W. Hell wurde 2014 mit den beiden US-Wissenschaftler Eric Betzig und William Moerner für die Entwicklung der hochauflösenden Fluoreszenz-Mikroskopie mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Damit ist eine Grundlage geschaffen, um Zellmechanismen zu verstehen, die für die weitere medizinische Forschung wichtig sind.
Herr Professor Hell, Sie wurden für die Entwicklung der hochauflösenden Fluoreszenz-Mikroskopie mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Sie haben damit ein mehr als 100 Jahre altes physikalisches Prinzip widerlegt. Wann haben Sie geahnt, dass Ihre Entwicklung ein Meilenstein der Forschung werden kann?
Das lässt sich nicht zu einem festen Zeitpunkt festmachen, sondern war eine Entwicklung über Jahre. Die erste Ahnung, dass die hochauflösende Mikroskopie zumindest aus akademischer Sicht wichtig wäre, hatte ich schon 1994 als ich die Idee zur STED Mikroskopie hatte. Diese Ahnung hat sich in den Jahren 2000-2005 zunehmend verfestigt, als es klar wurde, dass sie erstens gut funktionieren würde, und zweitens nur der Beginn einer großen und unumkehrbaren wissenschaftshistorischen Entwicklung war. Auch wurden 2005 die ersten Anwendungen in den Lebenswissenschaften gemacht, was die Bedeutung der hochauflösenden Mikroskopie zusätzlich unterstrich.

Was ist nun nötig, damit Ihr Verfahren breite Anwendung finden kann?
In erster Linie weltweite kommerzielle Verbreitung zu einem günstigen Preis. Das befähigt Wissenschaftler automatisch Entdeckungen in ihrem eigenen Gebiet zu machen.
Sind Ihnen schon erste Anwendungsfälle zum Beispiel in der Medizin bekannt, die die Erforschung von Krankheiten oder Heilung vorangebracht haben?
Dafür ist es noch zu früh, weil man mit hochauflösender Mikroskopie erst einmal nur den Mechanismus besser verstehen kann. Aber das grundlegende Verständnis des Mechanismus ist die Voraussetzung dafür, später echte medizinische Durchbrüche bewerkstelligen zu können. Es gibt aber schon sehr gute Beispiele von sehr interessanten Entdeckungen.
Herr Professor Hell, Sie haben in Göttingen zwei Unternehmen gegründet, Abberior und Abberior Instruments. Was waren die größten Herausforderungen beim Unternehmensstart?
Den richtigen Zeitpunkt zu finden. Man darf nicht zu früh dran sein, weil man dann auch mit der richtigen Idee Schiffbruch erleidet, aber auch nicht zu spät, wenn der Markt schon besetzt oder gar weitgehend bedient ist. Außerdem hat jede Technologie ihr historisches Zeitfenster. Irgendwann sind auch gute Ideen überholt und durch bessere ersetzt.

Was ist aus Ihrer Sicht nötig, damit aus herausragenden Forschungsergebnissen tragfähige Firmenkonzepte werden können? Und welche Bedingungen benötigen Unternehmen dann, um am Standort wachsen zu können?
Ein Firmenkonzept ist dann tragbar, wenn die Firma ein echtes Bedürfnis oder ein echtes Problem das Menschen haben, löst. Und am besten tut es die Firma in einer einzigartigen, unübertroffenen Weise. Das ist die Voraussetzung für ein erfolgreiches Konzept. Zu den Wachstumsbedingungen an einem Standort gehören vor allen Dingen Zugang zu hervorragendem Personal zum Beispiel in Form sehr gut ausgebildeter Schul- und Hochschulabsolventen, die Spaß daran haben, sich am Standort persönlich und beruflich weiterzuentwickeln.
Herr Professor Hell, Sie haben auch eine Niederlassung in den USA gegründet. Was waren die spannendsten Aufgaben bei dieser Gründung? Wie schätzen Sie den amerikanischen Markt für Ihre Produkte ein? Und sind noch weitere, andere Märkte sind für Sie interessant?
Das war nicht ich, sondern die Abberior Instruments GmbH, an der ich Anteile habe. Sie hat eine US-Tochter etabliert um einfacheren Zugang zum großen und sehr anspruchsvollen US-Markt zu haben. Außerdem ist es vorteilhaft eine Tochter zu haben, die im amerikanischen Rechtssystem verankert ist. Sicherlich sind auch Asien, allen voran China und Japan sehr interessant.
In welchen Bereichen werden Sie in Zukunft verstärkt forschen?
Mit der höchstauflösenden Mikroskopie ist es lange noch nicht zu Ende. Ganz im Gegenteil: Ich habe das Gefühl, jetzt geht es erst richtig los…
Herr Prof. Hell, wir danken Ihnen herzlich für das Gespräch.
Steckbrief Prof. Stefan Hell

- Seit 1991 Erforschung optische Mikroskopie mit beugungs-unbegrenzter Auflösung
- Seit 2002 Direktor, Wiss. Mitglied, Max-Planck-Institut für bio-physikalische Chemie
- Seit 2016 Direktor, Wiss. Mitglied, Max-Planck-Institut für medizinische Forschung, Heidelberg
- 2014 Nobelpreis für Chemie
- Zitat: "Aim high, stay grounded."