Die kreative und nachhaltige Taschenkollektion

Im Gespräch mit Iyabo Kaczmarek und Alexandra Faruga, Geschäftsführerinnen der UNTER EINEM DACH gUG

nachhaltige Mode

UNTER EINEM DACH ist eine gemeinnützige Unternehmergesellschaft, die Menschen aus aller Welt dabei unterstützt, in Hannover anzukommen und sich nachhaltige Perspektiven für die Zukunft aufzubauen. Seit 2016 betreibt die UNTER EINEM DACH gUG zudem eine eigene Nähwerkstatt. Neben zahlreichen Fertigungsaufträgen wurde 2020 eine nachhaltige Taschenkollektion aus gebrauchten Werbebannern gegründet: maesh Bags.

Was sind maesh Bags?

Viele Frauen mit Migrations- und Fluchterfahrung haben eine hohe Textil-Expertise. Allerdings gibt es in Deutschland kaum mehr verarbeitende Textilindustrie. Mit der Nähwerkstatt wollen wir diesen Frauen eine berufliche Perspektive bieten und die handwerklichen Fähigkeiten nutzen. Damit haben wir Aufträge von Designerinnen und Designern an Land gezogen. Eine Anfrage für das Nähen von Festivalbags aus alten Mesh-Bannern war der Startschuss für die Arbeit mit diesem Material. Wir fanden es sofort toll. Mesh ist zwar aus Kunststoff, wird aber zu 100 % recycelt und hat eine hervorragende Textur. Nach Hunderten Festivalbags konnten wir gut damit umgehen. Schon vorher haben wir überlegt, eine eigene Marke zu etablieren und mehr Arbeitsplätze in der Nähwerkstatt zu schaffen. Im Herbst 2020 hatten wir dann die ersten maesh Bags fertig.

Was macht die Taschenkollektion besonders?

Wir arbeiten lokal, nachhaltig, fair und sozial. Zum Beispiel durch kurze Transportwege, Nähmaschinen mit Ökostrom und alle Zusätze, die wir für die maesh Bags benötigen, wie Tragegurte oder Reißverschlüsse, kommen ebenfalls aus Deutschland. Wir können uns an andere anschließen, die im Bereich Recycling tolle Produkte schaffen. Gemeinsam setzen wir ein Zeichen. Jede Tasche ist ein Unikat aus gebrauchten Werbebannern, die ausschließlich aus Deutschland stammen. Wir sind mit Industriekletterern vernetzt, die uns das Mesh liefern. So muss nichts weggeschmissen werden. Das stößt gerade zur heutigen Zeit auf Anerkennung und Begeisterung. Besonders ist auch unsere Liebe zum Design und unser interkulturelles Team. Wir schaffen berufliche Möglichkeiten in einer Branche, die in Deutschland fast nicht mehr existiert.

Wie seid ihr zu diesem Projekt gekommen?

Wir wollten 2015 ein interdisziplinäres Kunst- und Kulturprojekt in Flüchtlingsunterkünften umsetzen. Schnell haben wir festgestellt, dass die Nachfrage der Menschen anderswo liegt. So haben wir das Projekt umgewandelt und uns primär auf berufliche Orientierung und Sprachkurse fokussiert. Viele Projekte sind zeitlich begrenzt – wir haben beschlossen, den Weg mit den Menschen weiterzugehen. Wir wollen eine langfristige Unterstützung schaffen. Unser Angebot richtet sich nach dem Bedarf der Menschen: zum Beispiel der Vermittlung von Berufsorientierungspraktika oder Ausbildungen. Auch während der Ausbildungszeit bleiben wir ansprechbar für die Betriebe und die Auszubildenden. Wir bieten Nachhilfe oder Sprachförderung an. Gemeinsam leisten wir einen gesellschaftlichen Beitrag für das Gelingen der Vielheitskultur. 

Wie sieht die Zukunft der Nähwerkstatt aus?

Unser größter Wunsch ist, dass alle bei uns beschäftigten Frauen perspektivisch bei uns bleiben. Mit fast ausschließlich geballter Frauenpower wollen wir unser Produkt überregional bekannt machen. Gemeinsam mit dem kreHtiv Netzwerk Hannover und anderen Designerinnen und Designern wollen wir lokale Fertigung langfristig aufbauen. Maesh ist mehr als ein Produkt – es ist eine Denkweise. Natürlich wollen wir uns weiterentwickeln und Aufträge annehmen. Wichtiger ist uns aber, Sichtbarkeit für lokale Produktion zu schaffen und zu inspirieren.

Worauf seid ihr bislang besonders stolz?

Auf das ganze Team und die Zusammenarbeit. Wir gehen gerne arbeiten und sind dankbar für alle, die diese Idee unterstützen. Wir freuen uns auch sehr darauf, wenn die Ersten ihre Ausbildung beenden. Mittlerweile haben wir in den fünf Jahren rund 80 Menschen unterstützen können.

Was schätzt ihr als gemeinnütziges Unternehmen besonders an Niedersachsen?

Wir haben mit unserem maesh-Konzept überzeugt und bekommen Gründungsstipendien vom Land. Dadurch konnten wir unser Team in den Bereichen Kommunikation und Marketing erweitern. Die Wirtschaftsförderung der Region Hannover unterstützt uns bei den Kosten der Nähwerkstatt. Startup Niedersachsen und das Niedersächsische Wirtschaftsministerium haben uns beraten und verknüpft. 
Wir schätzen den schnellen Kontakt in den unterschiedlichen Bereichen. In Hannover sind wir bereits gut vernetzt – jetzt wollen wir den Blick ins Land richten. 

 

Bildcredits: Land Niedersachsen - Lando Hass

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